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Freud und Leid

Genau 3 Wochen sind die Rennen im tschechischen Most nun her. Bei gewohnt wechselhaften Bedingungen brachte die dritte von vier Saisonstationen eines durch Corona verkürzten Rennjahres gute und weniger gute Ergebnisse hervor.

Der Streckenverlauf im Autodrom Most liegt mir eigentlich ganz gut. Zumindest war das mit der leistungsschwächeren Triumph Daytona 675 in den letzten 2 Jahren so. Auch mit dem Suzuki Superbike lief es soweit rund. Der Vollgasanteil nimmt auf diesem Kurs mit 1000ccm allerdings deutlich ab. Umso mehr muss man das Bike mit vollem Körpereinsatz steuern, um die Richtungswechsel bei starker Beschleunigung geregelt zu bekommen.

Bei nasser Fahrbahn habe ich grundsätzlich immer viel Spaß und bin immer vorne mit dabei. So machte es mich auch nicht nervös, als es für das erste Rennen nach einem Wetrace aussah. Durchgehend feucht war der Asphalt zu Rennbeginn am späten Samstag Nachmittag nicht. Meine Wahl fiel trotzdem auf Regenreifen und das sollte sich auch als richtig herausstellen. Der Großteil des Feldes entschied sich genauso. Nach einem guten Start übernahm ich erst einmal die Führung. Um diese kämpfte ich in den folgenden Runden zunächst mit Alex Berti, dem Meisterschaftsführenden. Ende Start Ziel konnte ich immer wieder kontern und sah mich in der Lage eventuell meinen ersten Sieg in der Superbike Open-Klasse einzufahren. Leider kam da Nils Meiners noch dazwischen. Er konnte, zu meinem Pech, ein bisschen mehr Leistung am Kurvenausgang auf den Boden bringen und sich etwas absetzen. Weiterhin im Kampf mit Berti, nun um Platz 2, kam es zum Rennabbruch. Der bescherte mir schlussendlich den dritten Platz. Ein weiteres Podest in meiner Rookiesaison auf der 1000er – ich war zufrieden.

Der Rennsonntag kam ohne Regen aus und bei trockenen Bedingungen wusste ich, dass es deutlich mehr schnelle Leute im Kampf um die Spitzenplätze geben würde. Der Plan also – Ein guter Start und dann schön mitschwimmen und Rhythmus aufbauen. In der Sighting Lap rein in die Startaufstellung fand ich meine neuen Reifen noch nicht wirklich griffig, versuchte sie aber sauber anzufahren. Der Start war top. Direkt auf Platz 3. Noch etwas schwammig in den ersten Kurven mit den Reifen, aber das sollte sich gleich legen. So dachte ich zumindest. Direkt in Runde 1 aus der Spitzkehre ein blitzartiger Highsider. Das ging so schnell, dass ich mich sofort in der Luft wiederfand. Ich versuchte noch die Orientierung zu gewinnen, um den Aufprall glimpflich zu gestalten.
Ich landete unsanft auf dem Rücken. Harter Schlag, aber verkraftbar. Als mir das durch den Kopf schoss, kam jedoch schon die nächste Krafteinwirkung. Ich wurde von einem Kontrahenten überrollt. Er konnte leider nicht mehr ausweichen. Das drückte mir die restliche Luft aus der Lunge. Nachdem sich der Staub legte, kontrollierte ich meine Situation. Ich zog die Handschuhe aus, nahm den Helm ab und öffnete den Lederkombi ein wenig. Schnell musste ich feststellen, dass mein rechter Oberschenkel gebrochen ist. Ansonsten fühlte ich mich den Umständen entsprechend nicht schlecht.
Ab diesem Moment wusste ich, dass der Tag noch lang wird. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich endlich im Krankenwagen lag. Schließlich müssen die Sanitäter ihrem Protokoll folgen und das taten sie auch.

Knapp 1 Stunde lang hielten sie mich fixiert an der Unfallstelle bis die Ärzte ihr OK gaben und ich dann aus dem Lederkombi herausgeschnitten und ordnungsgemäß verpackt werden durfte.
Von der Rennstrecke wurde ich ins Krankenhaus nach Usti gefahren, da es dort eine Unfallchirurgie gibt. Nach dem CT Scan stand fest, dass mein rechter Oberschenkel mittig gebrochen war und dass ich Frakturen im Becken hatte. Dann ging es direkt unters Messer.
Nun trage ich einen Femurnagel im rechten Oberschenkel und habe einen außenliegenden Fixateur im Becken.
Zum Glück bemühte sich meine Frau direkt um einen Rücktransport nach Deutschland. Da ich fit genug war konnte dieser mittwochs nach der OP schon stattfinden. Unterschlupf fand ich anschließend im Krankenhaus in Mosbach. Dort konnte ich weiter Kräfte sammeln und meine Situation verbesserte sich mit jedem Tag. Nach 8 Tagen stand ich das erste Mal in einem Rollator auf eigenen Beinen. An Tag 9 testete ich mich auf Krücken. Weitere 24 Stunden später konnte ich schon wieder vorsichtig Treppen steigen. Das alles kostete viel Energie, aber da ich mich fit genug fühlte bin ich nun seit Tag 13 daheim. Selbstverständlich erfolgt das alles in Absprache mit den Ärzten und ich darf nicht übertreiben. Die Verletzungen benötigen Ruhe und Geduld.

Aktuell warte ich auf Dienstag, den 29.09.: nächster Röntgentermin! Dann kann unter Umständen entschieden werden, ob der Fixateur, der unterhalb des Bauchnabels zu finden ist, schon entfernt werden kann. Dann könnte ich endlich wieder auf dem Bauch schlafen.

Als Randnotiz ist zu bemerken: Die Suzuki sieht weniger schlimm aus und sollte relativ flott wieder startklar sein. Das hat aber sicher noch etwas Zeit, denn meine Saison 2020 ist logischerweise zu Ende.

Abschließend möchte deutlich anmerken, dass der Crash unglücklich verlief, aber auch deutlich schlimmer hätte ausfallen können. Ein Rennunfall wie er vorkommen kann und ich natürlich niemandem wünsche. Glück und Pech gingen hier Hand in Hand.

MEIN DANK gilt allen, die mir und meinem Team vor Ort geholfen haben, allen die mir Genesungswünsche zukommen ließen, meinen Sponsoren und Supportern, aber vor allem meinem Vater und ganz besonders meiner Frau, die in diesen Tagen extreme Stärke bewies und ganz sicher die meiste Arbeit mit mir hat.

Ich halte euch auf dem Laufenden und freue mich euch bald von den nächsten Schritten zu berichten.

Euer Billy